Oder: Versichern beruhigt – wenn es eine Versicherung gibt! Reiseveranstaltern und Reisebüros droht
ein Ausübungsverbot und die immer wichtiger werdenden „Packages“, mit denen Hotels zahlreiche
touristische Angebote zu einem „Gesamterlebnis“ bündeln, stehen vor dem Aus.
Die gesamte Branche ist angespannt. Zwar ist es aus Sicht des Konsumentenschutzes zu begrüßen, dass nach geltender Pauschalreiseverordnung Anbieter von Pauschalreisen und verbundenen Reiseleistungen zu einer Absicherung von erhaltenen Kundenanzahlungen verpflichtet sind, und Urlauber bei einer möglichen Insolvenz des Anbieters geschützt sind, bereits geleistete Anzahlungen sowie die Erbringung von vereinbarten Leistungen während der Reise und gegebenenfalls auch die Durchführung der Rückreise sichergestellt werden, aber diese von Seiten der EU 2018 „erfundene“ und in österreichisches nationales Recht umgesetzte und in Kraft getretenen Richtlinie, hat gefährliche Tücken. Und zwar dann nämlich, wenn sich aufgrund einer Krise niemand mehr findet, der solche Absicherungen, die als Versicherung oder als Bankgarantie ausgestaltet sein dürfen, übernimmt.
Die betragsmäßig unbeschränkte Insolvenzabsicherung wurde auf Marktseite bisher ausschließlich über ein von der ÖHT entwickeltes Modell, bei dem die Absicherung über die eigens gegründete Tourismusversicherungsagentur in Zusammenarbeit mit dem international marktführenden Versicherungsunternehmen HDI Global SE erfolgte, angeboten. Mehr als 400 Unternehmen haben sich bisher für dieses unbeschränkte Absicherungsmodell entschieden.
Mit September 2020 wurde allerdings bekannt, dass sich infolge der Covid-19-Krise sowohl die HDI Global SE als auch alle anderen europaweit tätigen Versicherer mit Jahresende aus diesem und anderen tourismusnahen Geschäftsfeldern zurückziehen; es wurden alle bestehenden Verträge zum 31. Dezember 2020 aufgekündigt. Ebenso gibt der Bankensektor zukünftig keine neuen Garantien mehr aus bzw. wird oftmals eine in gleicher Höhe wie die Bankgarantie dotierte Einlage gefordert, was in der Praxis insbesondere für Reiseveranstalter und Reisebüros aufgrund branchenüblicher niedriger Eigenkapitalquoten nicht möglich ist.
Aufgrund der rechtlich bindenden Pauschalreiseverordnung wird vom Gesetzgeber mit Beginn eines jeden Jahres oder Auslaufen der bisherigen Absicherungsform der Nachweis einer neuen Insolvenzabsicherung gefordert. Den österreichischen Reisebüros und Reiseveranstaltern droht damit schlicht und ergreifend der Entzug der gewerblichen Ausübungsberechtigung! Auch für die von der Coronakrise ohnedies besonders stark getroffenen Hotellerie bedeutet das eine Hiobsbotschaft – sie dürften künftig keine Packages mehr anbieten – diese werden aber von den Gästen verstärkt gefordert und bieten den Unternehmen ideale Möglichkeiten, sich von anderen touristischen Anbietern durch besonders kreative Dienstleistungsbündel zu unterscheiden.
Um den Eintritt des Ausübungsverbots ab 1. Jänner 2021 aufgrund des Mangels an Alternativen und Marktversagens zu verhindern, wird auf Initiative der ÖHT aktuell intensiv gemeinsam mit den BMLRT, BMDW und BMF und unter Einbezug der Finanzmarktaufsicht (die für die dazu notwendige Konzessionserweiterung der ÖHT zuständig ist) zumindest temporär für das kommende Jahr eine Lösung für die abzusichernden Kundengelder der jeweiligen Reisebüros, -veranstalter und Hotels gearbeitet. Die Branchenexpertise und die bewährte Haftungsförderung der ÖHT können dabei als entscheidende Elemente für eine rasche und unbürokratische Umsetzung der noch in Ausarbeitung befindlichen Fördermaßnahme dienen.
Unser Ziel dabei: Absicherung des gesetzlich geforderten Anzahlungsschutzes über eine ÖHT-Haftung. Nur so können wir das Überleben der Reisebranche sichern. Dazu müssen aber noch eine Vielzahl von Rahmenbedingungen erfüllt werden. Aufgrund des aktuell geltenden KMU-Förderungsgesetzes ist die ÖHT derzeit nur in der Lage, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu fördern. Um auch großen Reisebüros und Reiseveranstaltern eine Hilfestellung anbieten zu können, ist eine Novellierung des KMU-Förderungsgesetzes notwendig. Aufgrund des Zeitdrucks müssen die politischen als auch organisatorischen Rahmenbedingungen jedenfalls noch vor Weihnachten umgesetzt werden.